BFK
Bundesverband forensisch-psychiatrischer
Kliniker Deutschlands e. V.
Wittelsbacher Strasse
18
94315
Straubing
Tel.:
09421-8005111
Fax.:
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Straubing, den
16.11.2002
An die
Bundesärztekammer
Vorsitzender der
Weiterbildungsgremien
Postfach 41 02 20
50862 Köln
Novellierung der (Muster-)
Weiterbildungsordnung
Hier: Schwerpunkt Forensische
Psychiatrie
Sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Die
klinische Tätigkeit von forensisch-psychiatrisch tätigen Ärzten geht weit über
die Aufgaben der Begutachtung hinaus. Spezifische Kenntnisse und Erfahrungen im
klinischen Bereich sind unerlässlich. In dem vorliegenden Entwurf spiegelt sich
nicht der Stationsalltag der Maßregelvollzugsbehandlung wieder. Der vorliegende
Entwurf kann höchstens als Curriculum für angerissene Begutachtungskenntnisse
dienen. Auf diesem Gebiet liegen weitaus umfassendere Kataloge (z.B. der DGPPN)
vor. Besonders schmerzlich wird der fehlende klinische Umgang mit
forensisch-psychiatrischen Krankheitsbildern vermisst. Patienten in
Haftanstalten werden sogar völlig ausgeblendet.
Stichwortartig fehlt Vermittlung von
Kenntnissen und Erfahrungen insbesondere in nachfolgenden
Gebieten:
·
Besonderheiten der
forensisch-psychiatrischen Behandlung (z. B. durch die notwendige
Berücksichtigung des Strafmasses), 67e-Stellungnahmen nach dem Strafgesetzbuch
sowie der klinischen Hypothesenbildung anhand von Delikt-Diagnose-Korrelationen,
Viktimologie, grundlegende Kenntnisse vom Opferschutz usw., Vertiefung von
forensisch-psychiatrischen Therapieverfahren (z. B. Antiaggressionstraining;
Therapie von Sexualabweichungen; Hypothesenbildung zur Gefährlichkeitsprognose,
zeitgemäße Verfahren der Kriminaltherapie.
·
Forensische
Aspekte der Pharmakologie, rechtliche Kenntnisse einer Zwangsmedikation,
medikamentöse Behandlung mit Androcur, Kenntnisse in spezifischen
Screeningverfahren, Anwendung laborchemischer Marker usw.
·
Kinder- und
jugendpsychiatrische Aspekte der forensischen Psychiatrie, Berücksichtigung der
rechtlichen Übergangsbereichs und abweichender Therapieplanung bei Jugendlichen,
Heranwachsenden, jungen Erwachsenen etc.
·
Kenntnisse
der gesetzlichen Spezifika (Rechtliche Stellung, Funktion und Aufgabe des
Maßregelvollzugsleiters, gesetzliche Bestimmungen des StGB, StVollzG, UnterbrG,
GG, JGG, Maßregelvollzugsgesetz, Betreuungsgesetz, Ausländerrecht
(einschließlich besonderer Aspekte bei der Behandlung von Ausländern),
Vollstreckungsplan, Gerichtsbarkeitsgesetz, Transsexuellengesetz, Fragen der
Abschiebung.
·
Kenntnisse
zur Problematik der vorläufigen Unterbringung (StPO), Berücksichtigung von
Patientenrechten (Beschwerderecht über die Strafvollstreckungskammern,
Petitionen, usw.), Kenntnisse von überstaatlichen (europäischen)
Kontrollorganen, Beachtung von gesetzlich vorgeschriebenen
Sicherheitsbestimmungen, Aufklärungen, Belehrungen und länderspezifischen
Eigenarten der forensischen Psychiatrie (z. B. unterschiedliche
Maßregelvollzugsgesetze)
·
Therapeutische Stufensysteme innerhalb
der Forensischen Psychiatrie (Lockerungskriterien, Beurteilungsgremien,
Entscheidungswege, rechtliche Voraussetzungen,
Haftungsfragen)
Mit freundlichen
Grüßen
Dr. med. Bernd
Ottermann
Präsident des
Bundesverbandes